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Blick auf Schloss Seehof aus Südosten über die Weiherlandschaft (Bildquelle: Thomas Gunzelmann)

Denkmalschutz

Hinweise zur Beurteilung von Windenergieanlagen (WEA) im Zusammenhang mit der Novelle des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes, in Kraft getreten zum 01.07.2023.

Aufgrund der Herausforderungen des fortschreitenden Klimawandels und zur Sicherstellung der Energieversorgung haben Bund und Freistaat zahlreiche Gesetzgebungspakete zur Beschleunigung der Energiewende auf den Weg gebracht.

Erneuerbare Energien liegen nach § 2 Satz 1 EEG bzw. nach Art. 2 Abs. 5 Satz 2 BayKlimaG im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit. Nach § 2 Satz 2 EEG sollen erneuerbare Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen, somit auch im Rahmen des BayDSchG, eingebracht werden. Mit Wirkung zum 29. März 2023 ist auch in § 11c EnWG verankert, dass die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Speicherung elektrischer Energie im überragenden öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Sicherheit dienen. Durch eine Änderung des § 14d Abs. 10 EnWG erstreckt sich ein solches Interesse neben der Errichtung und dem Betrieb von Verteilnetzen der Hochspannung nun auch auf Verteilnetze der Mittel- und Niederspannung im Außenbereich. Ein überragendes öffentliches Interesse gilt gemäß § 43l Abs. 1 Satz 2 EnWG bis zum 31.12.2025 auch für die Errichtung von Wasserstoffleitungen. Dadurch soll bei Abwägungsentscheidungen die Bedeutung von derartigen Anlagen wesentlich erhöht werden.

Für die Errichtung, Veränderung oder Beseitigung von WEA ist eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis nur dann erforderlich, wenn sich die WEA in der Nähe von „besonders landschaftsprägenden Bau- oder Bodendenkmälern“ befindet (Art. 6 Abs. 5, Art. 7 Abs.4 Satz 3 Nr.1 und Satz 4 BayDSchG) oder wenn sie sich auf den Bestand eines Bodendenkmals auswirken kann (Art. 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 BayDSchG).

Die entsprechende Einordnung als „besonders landschaftsprägendes Denkmal“ erfolgt anhand fachlicher Kriterien durch das BLfD (s. nähere Ausführungen im Gesetzentwurf LT-Drs. 18/25751, S. 10/11). Seit 1. Juli 2023 werden die besonders landschaftsprägenden Denkmäler als Geowebdienst (WMS) veröffentlicht und sind damit auch im Bayerischen Denkmal-Atlas bzw. im BayernAtlas der Vermessungsverwaltung einsehbar (Suche über Stichwort „Denkmal“). Die Anwendungen und eine Beschreibung der Daten finden Sie, zusammen mit einer Übersicht zu anderen Geofachdaten aus den verschiedenen Ressorts des Freistaates, auch im Bayerischen Geoportal.

Das Erfordernis einer gesonderten denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis (Art. 6 Abs. 1, 7 Abs. 4 BayDSchG) entfällt, soweit die Errichtung einer WEA einer bauaufsichtlichen Genehmigung bedarf (Konzentrationswirkung). Soweit sie einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedarf, umfasst die Konzentrationswirkung zusätzlich auch die Erlaubnis nach Art. 7 Abs. 1 BayDSchG. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist eine Sachgenehmigung, die im Rahmen eines umfassenden anlagenbezogenen Prüfmaßstabes sonstige die Windenergieanlage betreffenden Genehmigungen wie z.B. nach Denkmalschutzrecht mit einschließt. Die verfahrensleitenden Immissionsschutzbehörden sind gehalten, das BLfD frühzeitig bei Projektabsichten in der Nähe von besonders landschaftsprägenden Denkmälern zu beteiligen (Art. 15 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG), um denkmalverträgliche Lösungen finden zu können.

Eine Prüfung der möglichen Beeinträchtigung im Nähefall erfolgt in Abstimmung mit dem BLfD in einem Umkreis von 10 km und ist auf das einzelne Denkmal bezogen durchzuführen. Maßgeblich sind dabei v.a. das historische Erscheinungsbild, Sichtachsen und Blickbezüge zu und von dem Denkmal.

Da durch die Novellierung des BayDschG im Umfeld der nicht besonders landschaftsprägenden Denkmäler eine Erlaubnispflicht entfällt und damit dem überragenden Interesse an der Errichtung von Windkraftanlagen entsprochen wird, ist zur Wahrung der unverzichtbaren Belange im Gegenzug im Umfeld der „besonders landschaftsprägenden Denkmäler“ eine Errichtung von WEA nur dann erlaubnisfähig, wenn im Einvernehmen mit dem BLfD gem. Art. 15 Abs. 2 BayDSchG eine denkmalverträgliche Lösung gefunden werden kann.

Bei der Errichtung von WEA ist darauf zu achten, dass primär Standorte gesucht werden, bei denen eine Zerstörung von Bodendenkmälern für Fundamentierungen etc. vermieden werden kann. Soweit dies im Einzelfall nicht möglich ist, hat der Maßnahmenträger die Kosten der fachgerechten Ausgrabung (wissenschaftliche Untersuchung, Bergung von Funden, Dokumentation der Befunde) gem. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayDSchG zu tragen, soweit ihm das zumutbar ist. In Ausnahmefällen kann der verfassungsrechtlich geschützte Belang des Denkmalschutzes den erneuerbaren Energien entgegenstehen und überwiegen. Die überwiegenden Gründe sind im Rahmen der Abwägungsentscheidung im Einzelfall ausreichend zu erläutern. 

Soweit dabei die Bodendenkmäler der UNESCO-Welterbestätten Grenzen des Römischen Reiches: Obergermanisch-Raetischer Limes oder Donaulimes (westlicher Abschnitt) betroffen sind, für die keine Einordnung als besonders landschaftsprägende Denkmäler vorliegt, ist der jeweilige Ansprechpartner der Welterbestätte zu beteiligen, um sicherzustellen, dass eine welterbeverträgliche Lösung gefunden wird.

Die Regelungen in Art. 6 Abs. 5 BayDSchG sowie Art. 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 und Satz 4 BayDSchG sehen eine deutliche Ausnahme von der Erlaubnispflicht im BayDSchG vor und sind daher bis 2035 im Gleichklang mit dem im EEG 2023 verankerten Ziel zur nahezu treibhausgasneutralen inländischen Stromerzeugung befristet (Art. 25 Abs. 2).

Für den Inhalt zuständig: Bayerisches Staatsministerium  für Wissenschaft und Kunst (StMWK)