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Strukturkarte des Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP), auf die Holzhäuser in blau und weiß gesetzt sind (Bildquelle: Dr. Julian Hacker).

Raumordnung und Regionalplanung

Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sind die Ziele der Raumordnung zu beachten sowie die Grundsätze und die sonstigen Erfordernisse der Raumordnung zu berücksichtigen. Es besteht eine Bindungswirkung der Erfordernisse der Raumordnung insbesondere für alle öffentlichen Stellen. Bauleitpläne sind in jedem Fall den Zielen der Raumordnung anzupassen.

1. Grundlagen

Im Hinblick auf die Bindungswirkung der Erfordernisse der Raumordnung nach Art. 3 Bayerisches Landesplanungsgesetz (BayLplG) ist bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen durch öffentliche Stellen des Freistaates Bayern und Personen des Privatrechts nach Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayLplG stets eine unverzügliche Mitteilung an die die zuständige Regierung zu tätigen (Art. 30 Abs. 1 Satz 2 BayLplG). 

Im Rahmen der Zulassung einer nach § 35 Abs. 1 Nr. 8b oder Nr. 9 BauGB privilegierten PV-Freiflächenanlage ist zu berücksichtigen, dass gemäß § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB raumbedeutsame Vorhaben den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen dürfen. Ob eine PV-Freiflächenanlage raumbedeutsam ist, bedarf einer Entscheidung im konkreten Einzelfall. Raumbedeutsam ist ein Vorhaben, durch das „Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird“. Eine quantitative Größenvorgabe zur Einordnung raumbedeutsamer PV-Freiflächenanlage besteht im Freistaat Bayern nicht, vielmehr ist der jeweilige Einzelfall zu betrachten.

Bauleitpläne sind in jedem Fall den Zielen der Raumordnung anzupassen, unabhängig davon, ob diese raumbedeutsam sind oder nicht (§ 1 Abs. 4 BauGB). 

Ziele der Raumordnung sind vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogene, verbindliche Vorgaben zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums. Es besteht gegebenenfalls ein Konkretisierungsspielraum, jedoch keine Möglichkeit zur Abwägung. Der Umfang des Spielraums bestimmt sich dabei nach der Detailschärfe der landesplanerischen Regelung. Dies bedeutet, die Gemeinde kann innerhalb der Vorgaben planerisch tätig werden

Grundsätze der Raumordnung sind hingegen allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums, deren Berücksichtigung in nachfolgenden Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen vorgegeben ist. Bei diesen Abwägungen ist auch das in § 2 EEG 2023 normierte überragende öffentliche Interesse an Errichtung und Betrieb von Anlagen erneuerbarer Energien einzustellen.

Landesplanerische Überprüfungen erfolgen i. d. R. im Rahmen des erforderlichen Bauleitplanverfahrens durch die Regierungen als höhere Landesplanungsbehörden, die als Träger öffentlicher Belange zu beteiligen sind. Das Ergebnis wird in der landesplanerischen Stellungnahme mitgeteilt. In erheblich überörtlich raumbedeutsamen Einzelfällen (v.a. Vorhaben zu großflächigen PV-Freiflächenanlagen) kann die Durchführung einer Raumverträglichkeitsprüfung gem. § 15 Raumordnungsgesetz (ROG), Art. 24 Bayerisches Landesplanungsgesetz (BayLplG) erforderlich sein. Für Vorhaben, die die Errichtung einer PV-Freiflächenanlage mit einer Fläche von 30 ha oder mehr zum Gegenstand haben, ist jedenfalls regelmäßig zu prüfen, ob der Anwendungsbereich der Raumverträglichkeitsprüfung eröffnet ist. Gleichwohl sind allerdings immer der zugrundeliegende Einzelfall und die konkreten Umstände (insbesondere die Bedeutsamkeit/Schutzwürdigkeit der Landschaft) entscheidend, weswegen auch unterhalb der genannten Flächengröße im Einzelfall der Anwendungsbereich eines Raumordnungsverfahrens eröffnet sein kann und ein solches Verfahren durchzuführen ist. In einer Raumverträglichkeitsprüfung werden gemäß Art. 24 Abs. 1 und 2 Satz 1 und 2 (BayLplG) solche Vorhaben von erheblicher überörtlicher Raumbedeutsamkeit auf ihre Raumverträglichkeit überprüft, insbesondere auf ihre Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung und ihre Abstimmung mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen.

2. Ziele und Grundsätze der Raumordnung

Die Konkretisierung der gemäß Art. 3 BayLplG zu beachtenden Ziele und zu berücksichtigenden Grundsätze der Raumordnung erfolgt im Landesentwicklungsprogramm Bayern (siehe Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP) vom 22. August 2013 (GVBl S. 550, BayRS 230-1-5-F), zuletzt geändert durch Verordnung vom 15. Mai 2023 (GVBl. S. 213)) und in den Regionalplänen. Flächennutzungspläne und die Ergebnisse der von Gemeinden beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planungen sind von den Trägern der Raumordnung bei der Aufstellung und Fortschreibung der Regionalpläne sowie bei flächenhaften Festlegungen im Landesentwicklungsprogramm entsprechend dem Gegenstromprinzip im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen (Art. 17 Satz 1 und 2 Nr. 4 BayLplG).

Einschlägig bei PV-Freiflächenanlagen können – neben festgelegten Vorrang-, Vorbehalts- und Ausschlussgebiete – insbesondere die folgenden allgemeinen Ziele (Z) und Grundsätze (G) im Landesentwicklungsprogramm Bayern - LEP (GVBl. 2023, S. 213) (vgl. auch die entsprechenden Kapitel im örtlich verbindlichen Regionalplan) sein:

LEP 1.1.3 Ressourcen schonen

(G) Bei der Inanspruchnahme von Flächen sollen Mehrfachnutzungen, die eine nachhaltige und sparsame Flächennutzung ermöglichen, verfolgt werden

LEP 1.3.1 Klimaschutz

(G) Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen soll auf die Klimaneutralität in Bayern hingewirkt werden.

(G) Den Anforderungen des Klimaschutzes soll Rechnung getragen werden, insbesondere durch 

  • die Reduzierung des Energieverbrauchs mittels einer integrierten Siedlungs- und Mobilitätsentwicklung und,
  • die verstärkte Erschließung, Nutzung und Speicherung erneuerbarer Energien und nachwachsender Rohstoffe sowie von Sekundärrohstoffen.

(G) Die Klimafunktionen der natürlichen Ressourcen, insbesondere des Bodens und dessen Humusschichten, der Moore, Auen und Wälder sowie der natürlichen und naturnahen Vegetation, als speichernde, regulierende und puffernde Medien im Landschaftshaushalt sollen erhalten und gestärkt werden.

LEP 5.4.1 Erhalt land- und forstwirtschaftlicher Nutzflächen

(G) Die räumlichen Voraussetzungen für eine vielfältig strukturierte, multifunktionale und bäuerlich ausgerichtete Landwirtschaft und eine nachhaltige Forstwirtschaft in ihrer Bedeutung für die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung mit nachhaltig erzeugten Lebensmitteln, erneuerbaren Energien und nachwachsenden Rohstoffen sowie für den Erhalt der natürlichen Ressourcen und einer attraktiven Kulturlandschaft und regionale Wirtschaftskreisläufe sollen erhalten, unterstützt und weiterentwickelt werden.

(G) Land- und forstwirtschaftlich genutzte Gebiete sollen in ihrer Flächensubstanz erhalten werden. Insbesondere für die Landwirtschaft besonders geeignete Flächen sollen nur in dem unbedingt notwendigen Umfang für andere Nutzungen in Anspruch genommen werden.

LEP 5.4.2 Wald und Waldfunktionen

(G) Wälder, insbesondere große zusammenhängende Waldgebiete, Bannwälder und landeskulturell oder hinsichtlich ihrer Funktionen besonders bedeutsame Wälder sollen vor Zerschneidungen und Flächenverlusten bewahrt werden.

LEP 6.1.1 Sichere und effiziente Energieversorgung

(Z) Die Versorgung der Bevölkerung und Wirtschaft mit Energie ist durch den im überragenden öffentlichen Interesse liegenden und der öffentlichen Sicherheit dienenden Um- und Ausbau der Energieinfrastruktur sicherzustellen und hat klimaschonend zu erfolgen. Zur Energieinfrastruktur gehören insbesondere

  • Anlagen der Energieerzeugung und -umwandlung,
  • Energienetze sowie
  • Energiespeicher.

LEP 6.2.1 Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien

(Z) Erneuerbare Energien sind dezentral in allen Teilräumen verstärkt zu erschließen und zu nutzen.

LEP 6.2.2 Windenergie

(G) Auf einen verstärkten Ausbau der Photovoltaik auf Dachflächen und anderweitig bereits überbauten Flächen soll hingewirkt werden.

LEP 6.2.3 Photovoltaik

(G) Freiflächen-Photovoltaikanlagen sollen vorzugsweise auf vorbelasteten Standorten realisiert werden. An geeigneten Standorten soll auf eine Vereinbarkeit der Erzeugung von Solarstrom mit anderen Nutzungen dieser Flächen, insbesondere der landwirtschaftlichen Produktion sowie der Windenergienutzung, hingewirkt werden.

(G) Im notwendigen Maße soll auf die Nutzung von Flächen für Freiflächen-Photovoltaikanlagen in landwirtschaftlich benachteiligten Gebieten hingewirkt werden.

LEP 7.1.1 Erhalt und Entwicklung von Natur und Landschaft

(G) Natur und Landschaft sollen als unverzichtbare Lebensgrundlage und Erholungsraum des Menschen erhalten und entwickelt werden.

LEP 7.1.3 Erhalt freier Landschaftsbereiche

(G) In freien Landschaftsbereichen soll der Neubau von Infrastruktureinrichtungen möglichst vermieden und andernfalls diese möglichst gebündelt werden. Durch deren Mehrfachnutzung soll die Beanspruchung von Natur und Landschaft möglichst vermindert werden. Unzerschnittene verkehrsarme Räume sollen erhalten werden.

LEP 7.1.6 Erhalt der Arten- und Lebensraumvielfalt, Biotopverbundsystem

(G) Lebensräume für wildlebende Tier- und Pflanzenarten sollen gesichert und insbesondere auch unter dem Aspekt des Klimawandels entwickelt werden. Die Wanderkorridore wildlebender Arten an Land, im Wasser und in der Luft sollen erhalten und wieder hergestellt werden.

(Z) Ein zusammenhängendes Netz von Biotopen ist zu schaffen und zu verdichten.

LEP 7.2.5 Hochwasserschutz und Hochwasserrisikomanagement

(G) Die Risiken durch Hochwasser sollen soweit als möglich verringert werden. Hierzu sollen

  • die natürliche Rückhalte- und Speicherfähigkeit der Landschaft erhalten und verbessert,
  • Rückhalteräume an Gewässern von mit dem Hochwasserschutz nicht zu vereinbarenden Nutzungen freigehalten sowie
  • bestehende Siedlungen vor einem mindestens hundertjährlichen Hochwasser geschützt werden.

(G) Gebiete, die bei Extremereignissen überflutet werden, sollen von raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen, kritischen Infrastrukturen und Nutzungen, die hochwasserempfindlich sind oder den Hochwasserschutz in nicht nur geringfügiger Weise beeinträchtigen, freigehalten werden.

LEP 8.4.1 Schutz des kulturellen Erbes

(Z) UNESCO-Welterbestätten sind einschließlich ihrer Umgebung in ihrem außergewöhnlichen universellen Wert zu erhalten.

(G) Die heimischen Bau- und Kulturdenkmäler sollen in ihrer historischen und regionalen Vielfalt geschützt und erhalten werden. Historische Innenstädte und Ortskerne sollen unter Wahrung ihrer denkmalwürdigen oder ortsbildprägenden Baukultur erhalten, erneuert und weiterentwickelt werden.

3. Zur Vereinbarkeit von PV-Freiflächenanlagen mit bestimmten Nutzungen in Vorranggebieten

In den Regionalplänen können Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für die Errichtung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen festgelegt werden (LEP 6.2.3 G). Zudem können die Regionale Planungsverbände unverbindliche PV-Freiflächenanlagen Steuerungskonzepte erstellen, um in den Regionen eine einheitliche Anwendung der Kriterien und Steuerung von PV-Freiflächenanlagen zu erreichen. Diese können unter regionsweit einheitlicher Anwendung tatsächlicher und planerischer Ausschluss- sowie Restriktionskriterien den Potenzialraum für PV-Freiflächenanlagen ermitteln. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen können als regionales Steuerungskonzept in die Regionalpläne bspw. in Form textlicher Ziele oder Grundsätze übernommen und möglicherweise durch Vorranggebiete und Vorbehalts- gebiete Photovoltaik ergänzt werden. Solche Vorgaben auf regionaler Ebene erleichtern den Gemeinden zudem die Ersteinschätzung von Anfragen zur Errichtung raumbedeutsamer PV-Freiflächenanlagen. Für den Regierungsbezirk Unterfranken wurde eine entsprechende Planungshilfe bereits veröffentlicht (siehe unten). Hierbei handelt es sich lediglich um eine Ersteinschätzung, die finale Beurteilung der Flächen erfolgt durch die jeweilige Gemeinde.

Bei der Frage nach der Zulässigkeit von PV-Freiflächenanlagen in bestehenden regionalplanerischen Vorranggebieten, die für andere Funktionen oder Nutzungen als die PV-Nutzung vorgesehen sind, etwa bei der Zulassung von PV-Freiflächenanlagen in Vorranggebieten für Windenergie, ist zu differenzieren. 

Maßstab für die Frage der Zulässigkeit von PV-Freiflächenanlagen in anderen Vorranggebieten ist die gesetzliche Regelung gemäß § 7 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 ROG, Art. 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BayLplG. Hiernach sind Vorranggebiete solche Gebiete, die für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen (z.B. Windenergienutzung) vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Nutzungen (hier Nutzung mit PV-Freiflächenanlagen) in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen nicht vereinbar sind. 

Mit der regionalplanerischen Festlegung als Vorranggebiet für die Landwirtschaft (LEP 5.2.1 Z) sind PV-Freiflächenanlagen regelmäßig nicht vereinbar (Gemeinsame Hinweise zur Festlegung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten für die Landwirtschaft des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, siehe unten). Echte Agri-PV nach DIN SPEC 91434 weisen hier eine Sonderrolle auf, da bei diesen eine gleichzeitige Nutzung von Flächen für landwirtschaftliche Zwecke und zur PV-Stromproduktion erfolgt. Die dafür in Anspruch genommene Fläche bleibt landwirtschaftliche Nutzfläche.

Auch in Vorranggebieten für die Errichtung von Windenergieanlagen (LEP 6.2.2 Z) erscheint die Errichtung von PV-Freiflächenanlagen, welche flächendeckend und im Hinblick auf Ihre Wirtschaftlichkeit über einen längeren Mindestzeitraum hinweg betrieben werden müssen, mit der vorrangigen Nutzung grundsätzlich nicht vereinbar. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die Anrechenbarkeit der Flächen auf das bayerische Flächenziel nach dem Windenergieflächenbedarfsgesetz. Im Einzelfall kann jedoch von vollumfänglich anrechenbaren Windenergiegebieten ausgegangen werden, wenn einschränkende Voraussetzungen in der Bauleitplanung den PV-Anlagenbetrieb dahingehen limitieren, dass neben der erstmaligen Errichtung von neuen Windenergieanlagen auch die Möglichkeit zum Repowering (ggf. an einem versetzten Standort) alter Windenergieanlagen sichergestellt ist. Insoweit bedarf es einer sorgfältigen Prüfung des jeweiligen konkreten Einzelfalls, ob eine konkurrierende Nutzung für PV-Freiflächenanlagen mit einer vorrangigen Windenergienutzung ausnahmsweise vereinbar sein kann. Eine Vereinbarkeit der beiden Nutzungen wird dabei an Bedingungen im Rahmen der Bauleitplanung für die PV-Freiflächenanlagen zu knüpfen sein, mit der die PV-Nutzung räumlich und zeitlich eingeschränkt wird, um die Durchsetzung der vorrangigen Windenergienutzung abzusichern.

Für den Inhalt zuständig: Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie (StMWi)