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Landschaft mit WEA und PV-Freiflächenanlagen (Bildquelle: Tim Wagner über HEG)

Beteiligung und Wertschöpfung vor Ort

Wie können sich Bürgerinnen und Bürger am Windpark beteiligen? Welche Vor- und Nachteile stecken hinter Strombonus und Anwohnertarif? Hier sind Antworten zur Beteiligung und Wertschöpfung vor Ort für Sie zusammengestellt.

Die Kommunen, Bürgerinnen und Bürger in der Region können auf mehreren Wegen profitieren. Es ist eine direkte Beteiligung an den Anlagen und am Betrieb von Windenergievorhaben möglich, zudem können bei regionalen Firmen Arbeitsplätze neu geschaffen und gesichert werden. Durch maßgeblichen Einsatz Bayerns auf Bundesebene können Anlagenbetreiber betroffene Kommunen auf freiwilliger Basis mit bis zu 0,2 ct/kWh an den Einnahmen von Windenergieanlagen teilhaben lassen (§ 6 EEG) und so die Akzeptanz vor Ort stärken. Da die Zahlungen ohne Zweckbindung erfolgen, können die Gemeinden über diese Mittel frei verfügen. Der Radius von 2,5 km um eine Windkraftanlage zur Ermittlung der zu beteiligenden Gemeinden für derartige Zahlungen ist in § 6 EEG bundesgesetzlich geregelt.

Lokale Wertschöpfung und individueller finanzieller Nutzen werden von vielen als fairer Ausgleich verstanden für Veränderungen, die mit dem Bau eines Windparks einhergehen können. Sie tragen insgesamt zu mehr Fairness bei der Umsetzung der Energiewende bei und letztlich in vielen Fällen zu einer höheren Akzeptanz von Windenergieprojekten. So hat es sich weithin etabliert, dass die Bevölkerung vor Ort und die Standortkommunen die Möglichkeit erhalten, sich finanziell an geplanten Windenergieprojekten und am Betrieb zu beteiligen. Langfristig entstehen in der Regel Einnahmen und Überschüsse aus dem Betrieb eines Windparks, die unter den Beteiligten aufgeteilt werden können.

Für Vorhabenträger bedeutet eine Bürgerbeteiligung in der Regel Gewinneinbußen. Daher dürfte es für Vorhabenträger in den meisten Fällen wirtschaftlich weniger attraktiv sein, Privatpersonen an den Erlösen zu beteiligen, als beispielsweise Anteile an Großinvestoren zu veräußern. Allerdings kann die Bürgerbeteiligung die Chancen auf die Realisierung und die Akzeptanz eines Projektes deutlich erhöhen, wenn die Wertschöpfung vor Ort entsteht und dortbleibt.

Eine grundsätzliche Einnahmequelle stellt die Kommunalbeteiligung nach § 6 EEG dar, die ein Anlagenbetreiber auf freiwilliger Basis zahlen kann. Auch wenn eine Kommune die Windenergieanlagen auf ihrer Gemarkung nicht selbst betreibt oder am Betrieb beteiligt ist, kann sie einen finanziellen Nutzen daraus ziehen. Stehen die Anlagen auf ihren Flächen, so erhält sie die vertraglich vereinbarte Pacht von der Betriebsgesellschaft. Außerdem kann langfristig Gewerbesteuer in den Haushalt der Standortkommune fließen. Sofern der Windpark nicht zwischenzeitlich an neue Investoren verkauft wird, fallen nach Ende des Abschreibungszeitraums von meist 15 Jahren Gewinne an, die zur Zahlung von Gewerbesteuer führen. Nach aktueller Regelung sind mindestens 90 Prozent der Gewerbesteuer am Ort des Betriebs der Windenergieanlage zu zahlen und kommen damit der Standortkommune zugute.

Eine Bürgerbeteiligung ist für den Projektentwickler interessant, denn sie schafft Vertrauen, baut regionale Akzeptanz auf und ergänzt die eigenen finanziellen Ressourcen.

Ein oft entscheidender Faktor für die Akzeptanz großer Vorhaben wie dem Bau eines Windparks ist das Vertrauen in die Verfahrensgerechtigkeit. Entsprechend gibt es drei Handlungsfelder: Transparenz, Öffentlichkeitsbeteiligung und finanzielle Teilhabe. Bei der Öffentlichkeitsbeteiligung kann zwischen formeller und informeller Beteiligung unterschieden werden. 
Die formelle Öffentlichkeitsbeteiligung besteht aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligung an Planungs- und Genehmigungsverfahren. Es erfolgt die offizielle Bekanntmachung des Vorhabens im Amtsblatt, im Internet und der örtlichen Tageszeitung sowie die Auslegung in der Genehmigungsbehörde, Amtsverwaltung oder Gemeinde. Anschließend werden die Fachbehörden sowie die so genannten Träger öffentlicher Belange (TÖB) um Stellungnahme gebeten. Auch Naturschutzverbände können beteiligt werden. Alle gültigen Stellungnahmen und Einwände werden in einem öffentlichen Erörterungstermin besprochen. Die letztliche Entscheidung über Genehmigung und Auflagen liegt bei der genehmigenden Behörde. Im Allgemeinen ist das die Kreisverwaltungsbehörde. 
Die informelle Beteiligung ist eine freiwillige und sinnvolle Leistung der Vorhabensträger, um das Projekt (und die formelle Beteiligung) möglichst gut vorzubereiten. Sie besteht vor allem aus Öffentlichkeitsarbeit: Die Projektierer stellen sich und das Vorhaben vor Ort vor, beantworten Fragen und greifen die Belange der Bevölkerung auf.
Finanzielle Teilhabe durch die Kommunen und die Bürgerinnen und Bürger vor Ort erfolgt über die finanzielle Beteiligung an der Windkraftanlage oder an ihrem laufenden Betrieb. Je nach finanzieller Beteiligung ist ein finanzieller Nutzen möglich.

Finanzielle Beteiligungen können erst umgesetzt werden, wenn die Genehmigung nach Bundesimmissionsschutzgesetz vorliegt und der Zuschlag aus der EEG-Ausschreibung erteilt wurde. Die Umsetzung eines Windenergieprojekts umfasst grob 5 Phasen: 1. Flächensicherung, Vorbereitung und Ausschreibung; 2. Start der Projektentwicklung (hier findet auch das Genehmigungsverfahren statt); 3. Umsetzung der Genehmigung; 4. Bau des Windparks; 5: Betrieb. In Phase 2 werden vor der Genehmigung Konzepte zur Bürgerbeteiligung am Windpark Altötting erarbeitet und nach der Genehmigung (Phase 3) präsentiert und abgestimmt. Das Angebot der Beteiligung an Bürger/innen in einem bestimmten Umkreis findet bei Baubeginn statt. Dann wird die Beteiligung über entsprechende Verträge umgesetzt.  

Bei finanzieller Bürgerbeteiligung unterscheidet man zwischen indirekter (passiver) und direkter (aktiver) Beteiligung. Indirekt bedeutet, dass die Bürgerinnen und Bürger kein eigenes Geld investieren, dafür über Vergünstigungen profitieren, z. B. ein Strombonus oder ein Anwohnerstromtarif. Bei der direkten Beteiligung investieren die Bürgerinnen und Bürger einen gewissen Geldbetrag, wie z. B. per Genussscheinen, Nachrangdarlehen oder Beteiligungen einer Bürgerenergiegenossenschaft (BEG). Auch Kombinationen mehrerer Modelle sind möglich.

Der Strombonus besteht aus einer jährlichen Zahlung von etwa 75 bis 150 Euro pro Haushalt an die Anwohner. Vorteile: Anwohner profitieren unabhängig von eigener Investition, die Abwicklung ist für Anwohner und Betreiber recht einfach, die Zahlung erfolgt unabhängig vom eigenen Stromanbieter, die jährlichen Kosten sind für den Betreiber relativ gut abschätzbar. Nachteil: Es ist die Einbindung eines Dienstleisters nötig. Das verursacht höhere Kosten, dadurch verringert sich die Rendite der direkten Bürgerbeteiligung. 

Beim Anwohnerstromtarif haben Anwohner in einem festgelegten Umkreis zum Windpark die Möglichkeit, einen vergleichsweise günstigen Stromtarif abzuschließen. Es ergeben sich etwa zwei bis fünf ct/kWh Zuschuss für bestimmte Strommengen. 
Vorteil: Anwohner profitieren ohne eigene Investition. Nachteile: Konkurrenz zu örtlichem Stromversorger (z. B. Stadtwerk), für Anwohner entsteht ein gewisser Aufwand (Tarifwechsel), gegebenenfalls unattraktiv, wenn sich Anwohnertarif am Grundversorgertarif orientiert, Einbindung Dritter (Stromversorger) nötig, dadurch Steigerung der Kosten, hohe Komplexität.

Eine Schwarmfinanzierung ist ein Angebot eines Nachrangdarlehens für Bürgerinnen und Bürger mit fester Laufzeit und jährlicher Verzinsung (schuldrechtliche Beteiligung). Die Rendite besteht aus einem Festzins oder Mindestzins und gegebenenfalls einem Bonuszins. Die Durchführung erfolgt über eine Bank oder über ein Internetportal. Es sind maximal 6 Millionen Euro p.a./Projektgesellschaft sowie maximal 25.000 Euro pro Privatinvestor (ohne Prospekt) möglich. Vorteile: Windpark als Anlagemöglichkeit für Anwohner, relativ einfach zu verstehendes Finanzprodukt, „Gütesiegel“ durch ausgebende Bank. Nachteile: Risiko für Anleger bis zum Totalverlust des Nachrangdarlehensbetrags und der Zinszahlungen, Anlagenvermittlerin nötig. 

An Bürgerenergiegenossenschaften (BEG) können sich Bürgerinnen, Bürger und auch Kommunen beteiligen. Es können neue BEG gegründet werden oder bestehende regionale BEGs beteiligen sich an den Windrädern. Die Bürgerbeteiligung erfolgt durch Mitgliedschaft bzw. durch Zeichnung von Anteilen am Windpark und/oder der Genossenschaft. Vorteile: Einbindung eines lokalen Partners, direkte Beteiligung von Genossenschaftsmitgliedern über einen geringen Mitgliedsbeitrag möglich. Nachteil: Finanzstärke der BEG womöglich nicht ausreichend für größeren Windpark.

Bei direkter Beteiligung durch die Bürgerinnen, Bürger sowie Gemeinden besteht immer das Risiko eines Teil- oder Totalverlustes in Höhe der Beteiligung.

Die finanzielle Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an einer Betreibergesellschaft für Windenergieanlagen bei den Bayerischen Staatsforsten kann bis zu 100 % betragen. Sofern eine Standortgemeinde eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger wünscht, kann eine Mindestbeteiligung von Bürgerinnen und Bürgern der Standortgemeinde in Höhe von 24,9 % an der Betreibergesellschaft der zu errichtenden Windenergieanlage im Auswahlverfahren vorgegeben werden. Das bedeutet: Wünscht die Standortgemeinde eine darüber hinausgehende Bürgerbeteiligung, werden im Auswahlverfahren Angebote von Bietern, die eine darüber hinausgehende Bürgerbeteiligung anbieten, mit Pluspunkten in der Wertung prämiert.

Windenergieanlagen werden künftig allgemein zum Landschaftsbild gehören und müssen ähnlich wie Straßen und andere wichtige Infrastrukturvorhaben vom Einzelnen bei allem Verständnis für die individuellen Interessen akzeptiert werden. Durch üblicherweise bei Windenergie-Projekten vorgesehene Kommunal- und Bürgerbeteiligungen erfahren die Bürger gerade bei Windenergieanlagen auch einen Ausgleich. Häufiges Motiv für Widerstände gegen Windenergieanlagen ist die Befürchtung eines Wertverlustes angrenzender Grundstücke. Der Wert eines Grundstücks wird von zahlreichen Faktoren beeinflusst, etwa auch der Wirtschaftskraft und den Arbeitsplätzen einer Region. Es gibt keinen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, dass der Einzelne einen Anspruch darauf hat, vor jeglicher Wertminderung seines Grundstücks bewahrt zu bleiben. Die Rechtsprechung sieht eine Grenze nur dort überschritten, wo die Wertminderung die Folge einer dem Betroffenen nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks ist.