Wärmeverbund Ingolstadt: außerbetriebliche Abwärmenutzung

Erfolgreiche Kooperation zwischen kommunalem Energieversorger und lokalen Unternehmen
Projektträger: Stadtwerke Ingolstadt

Beschreibung

Auslöser

2002: Vorstudie Bayerisches Landesamt für Umwelt (beteiligt: AUDI, Esso, MVA, EON, Bayernoil, Stadtwerke Ingolstadt)

Ende 2005: Weiterführung des Projekts mit Detailstudie

Mitte 2006: Realisierungsstudie durch Projektpartner AUDI, Petroplus (vormals Esso, heute Gunvor), Bayernoil, Müllverwertungsanlage und Stadtwerke Ingolstadt

Die Studien untersuchten, ob und ggf. wie Abwärmeströme von Produktionsbetrieben im Raum Ingolstadt ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll zur Deckung des Wärmebedarfs anderer Wärmeverbraucher (Industrie, Gebäude im Raum Ingolstadt) genutzt werden können. Vorgesehen war die Einbindung von bisher nicht genutzter Abwärme aus Betrieben in ein bestehendes und noch auszubauendes Fernwärmenetz mit dem Ziel, den Einsatz von Primärenergie und die CO₂-Belastung erheblich zu verringern..

Letztendlich blieben als Projektbeteiligte die Stadtwerke Ingolstadt (Netzbetreiber und zuständig für den Ausbau des Fernwärmenetzes), Audi (als größter Abnehmer), Petroplus-Raffinerie (neuer Fernwärmelieferant mit einer Leistung von ca. 110 MW und einer Liefermenge von rund 130 GWh/Jahr; heute Gunvor Raffinerie) und die Müllverwertungsanlage Ingolstadt (Fernwärmelieferant, 35 MW, 150 - 180 GWh/Jahr (Endausbaustufe) übrig.

Durchführung

Seit Juli 2011 ist Bayerns größtes Abwärmeprojekt in Betrieb. Der Beitrag der Stadtwerke Ingolstadt hierzu ist beträchtlich: der städtische Versorger investierte rund 23 Millionen Euro in den notwendigen Ausbau seines Netzes und der Anlagen.

Anfang 2010 begannen die Stadtwerke mit dem Bau einer 5.300 Meter langen Fernwärmeleitung, die von Petroplus (heute Gunvor) zum bestehenden Heißwassernetz führt. Parallel dazu baute Petroplus Anlagen zur Auskoppelung von Fernwärme. Im Rahmen der TÜV-Revision im ersten Quartal 2011 wurden in den Prozessanlagen der Raffinerie Wärmetauscher installiert, um bisher nicht nutzbare Abwärme den Stadtwerken zur Verfügung zu stellen.

Zudem bauten die Stadtwerke auch ihre Blockheizkraftwerke sowie ein Pumpwerk um und installierten einen neuen Reservekessel. Die MVA Ingolstadt erhöhte zeitgleich ihre Wärmeproduktion allein durch Optimierung der Prozesssteuerung um rund 20 Prozent.

Im Frühjahr 2019 nahmen die Stadtwerke Ingolstadt einen Fernwärmespeicher auf ihrem Betriebsgelände in Betrieb. Die beiden 25 Meter hohen Speichertürme an der Ringlerstraße haben ein Fassungsvermögen von je 1.600 Kubikmetern und können eine Gesamtenergiemenge von rund 170 Megawattstunden in Form von bis zu 130 °C heißem Wasser speichern. Durch die Effizienzverbesserung stieg die jährliche CO₂-Einsparung des Fernwärmeverbundes um weitere 3.000 Tonnen.

Im ersten Halbjahr 2020 wurden in der Gunvor Raffinerie zwei weitere Wärmetauscher und ein Behälter installiert, um Abwärme aus der Benzinveredelungsanlage der Raffinerie in das Fernwärmenetz der Stadtwerke Ingolstadt zu übertragen. Danach erfolgt die Montage von Rohrleitungen und der Instrumente. Mit dieser weiteren Ausbaustufe des Fernwärmenetzes stehen circa 20 Prozent mehr Leistung zur Verfügung, wodurch der Ingolstädter Fernwärmeverbund seine CO₂-Einsparung auf rund 73.000 Tonnen pro Jahr erhöhen kann.

Bei der Auftragsvergabe erhielten vorrangig regionale Betriebe den Zuschlag. Hubert Stockmeier, Geschäftsführer der Stadtwerke Ingolstadt Netze GmbH, betont, dass das Unternehmen eng mit der Stadt und ihren Menschen verbunden ist. Als regionaler Energieversorger fühlen sich die Stadtwerke deshalb nicht nur für die sichere und umweltschonende Versorgung mit Energie verantwortlich, sondern sehen auch ihre Mitverantwortung für die lokale Wirtschaft.

Zitate

  • "Dieser Vertrag ist ein eindrucksvolles Beispiel für den sinnvollen und kreativen Einsatz von Ressourcen!" (Dr. Alfred Lehmann, Oberbürgermeister von 2002 bis 2014)

Tipps

  • rechtzeitig auf alle (!) Beteiligten zugehen
  • die Kommunalpolitik und Bürger bzw. Bürgerinnen frühzeitig mit einbinden
  • Städteplanung berücksichtigen (Fernwärmeleitungen, Ausweis von Bau- und Gewerbegebieten, Förderung von Gewerbe- und Industrieansiedlung)
  • Stadtmarketing saubere Energie

Stolpersteine

  • Die Kommunikationsstruktur und Entscheidungsprozesse der Beteiligten müssen gut durchdacht sein.

Beispiel gemeldet: 02/2011

zuletzt aktualisiert: 02/2024