Wind im Wald

Zerstören Windenergieanlagen den Wald?

Etwa ein halbes Fußballfeld. Das ist die Fläche, die eine Windenergieanlage (WEA) im Wald an Platz benötigt. „Das schließt den Turmfuß und die Kranflächen mit ein. Also alles, was während des Betriebs dauerhaft offen bleiben muss“, sagt Bernd Vetter. Als Leiter des Teilbereichs Weitere Geschäfte und Regenerative Energien der Bayerischen Staatsforsten bringt er jahrelange Erfahrung auf diesem Gebiet mit. Bereits heute werden über 100 WEA auf dem Boden der Bayerischen Staatsforsten von externen Geschäftspartnern betrieben.

Vergleichsweise nimmt Windenergie im Wald – ganz gleich, ob im Staatswald oder auf Privat- oder Kommunaleigentum – damit relativ wenig Fläche in Anspruch. Dennoch sind die Bedenken im öffentlichen Diskurs groß, ob durch Bau und Betrieb von WEA der Wald zerstört werde. „Viele Bürgerinnen und Bürger haben ein besonderes Verhältnis zum Wald und reagieren sensibel, wenn es dort Veränderungen gibt“, erklärt sich Vetter mögliche Sorgen und Ängste.

Laut Einschätzung der Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind) lassen sich Anlagen gut in bereits bestehende Walderschließungen integrieren, haben keine negativen Auswirkungen auf den umliegenden Baumbestand und können nach Ende des Betriebes rückstandslos zurück gebaut werden (Quelle: Kompaktwissen Fachagentur Windenenergie an Land). Zu der Fläche, die dauerhaft benötigt wird – dem halben Fußballfeld – kommt während der Bauphase ein „Arbeitsfeld“, wie es Vetter nennt, das für den Transport von Materialien und als Montagebereich genutzt wird. Kommt es dabei zu der Zerstörung von Waldfläche, wird mit artenreichem Mischwald wieder aufgeforstet.

Generell werden Waldflächen erst nach aufwendigen Prüfungs- und Genehmigungsverfahren für die Bebauung und den Betrieb von WEA freigegeben. Bevor Projektentwicklerinnen und Projektentwickler einen Antrag auf öffentlich-rechtliche Genehmigungen stellen, werden außerdem Voruntersuchungen wie beispielsweise Windmessungen und artenschutzrechtliche Untersuchungen durchgeführt. In diesem Zusammenhang werden eventuelle Ausgleichsmaßnahmen, beispielsweise in Form von Aufforstungen auf anderen Flächen, festgelegt.

Dass in Hinblick auf den Artenschutz allerdings besondere Vorsicht geboten ist, weiß Dr. Andreas Zahn, Artenschutz-Experte beim BUND Naturschutz in Bayern e.V.. „Im Wald sind immer Konflikte mit bestimmten Vogel- und Fledermausarten zu erwarten“, sagt er. Auch, wenn der BUND Naturschutz in Bayern grundsätzlich für den Ausbau von Windenergie sei, warnt er davor, zu sorglos an das Thema heranzugehen. „Wir müssen dafür sorgen, dass nicht Uhu und Fledermaus unsere Energieprobleme ausbaden“, so Dr. Zahn. Anlagen im Offenland sollten nach Meinung des Verbandes Priorität haben.

In der Praxis werden ganz unterschiedliche Schritte unternommen, um gefährdete Arten zu schützen. So müssen Höhlenbäume, die der Errichtung der Anlagen zum Opfer fallen, an anderer Stelle ersetzt werden, etwa durch das Bohren künstlicher Höhlen. Für gefährdete Vogelarten ist eine geschickte Standortwahl erforderlich und, wenn nötig, auch der Einsatz automatischer Abschaltungen durch Videosysteme in Situationen mit hohem Kollisionsrisiko. Dem Schutz von Fledermäusen dienen automatische nächtliche Abschaltungen zu bestimmten Jahreszeiten. Diese Schutzfunktionen kommen nur bei schwachem Wind zum Einsatz, da Fledermäuse bei Starkwind nicht fliegen – der Stromertrag verringert sich dadurch also nur wenig. Aufgrund des Artenreichtums vieler Wälder geht der BUND Naturschutz aber generell von längeren Abschaltungen als im Offenland aus.

Mehr als ein Drittel der Landesfläche Bayerns ist mit Wald bedeckt – jedoch nicht jede Waldfläche eignet sich für den Bau und Betrieb von Windenergieanlagen. Anlagen werden bevorzugt in Wäldern errichtet, die bereits intensiv forstwirtschaftlich genutzt werden und über bereits bestehende Infrastrukturen wie ausgebaute Forstwege verfügen. Schutzwälder, ältere Waldbestände, oder historisch alte Waldstandorte bleiben unangetastet.

Die Bayerischen Staatsforsten bewirtschaften den bayerischen Staatswald mit einer Fläche von insgesamt etwa 808.000 Hektar. Eigentümer ist der Freistaat Bayern. Die Bayerischen Staatsforsten stehen Windenergie laut eigenen Angaben positiv gegenüber. Windenergieanlagen (WEA) werden errichtet, wenn die Zustimmung der Standortgemeinde und die privatrechtliche vertragliche Einigung zwischen Projektierer bzw. Betreiber und den Bayerischen Staatsforsten sowie die öffentlich-rechtliche Genehmigung vorliegen. Die Seite zu den Ausschreibungen von Flächen für Windenergievorhaben im Besitz der der Bayerischen Staatsforsten finden Sie hier. Bei einem durchschnittlichen Flächenbedarf von ca. 0,46 Hektar je WEA für den Turmfuß und die Kranflächen während des Betriebs ergibt sich für die aktuell 101 WEA im Staatswald eine Fläche von ca. 35 Hektar, die derzeit für die Windenergie genutzt wird.