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Menschen, die ein Puzzle zusammenfügen. (Quelle: alotofpeople - Fotolia.com)

So geht’s… – Der richtige Umgang mit Abwärme

Abwärme vermeiden, Wärmerückgewinnung im selben Prozess, betriebsinterne Abwärmenutzung, außerbetriebliche Abwärmenutzung – in dieser Reihenfolge gehen Sie effizient mit Abwärme um. In sechs Schritten erfahren Sie, wie es geht.

Sie erzeugen viel Abwärme in Ihrem Unternehmen? Dann lohnt es sich zu prüfen: Lässt sie sich effizient nutzen? Auch wenn wenig Wärme anfällt, kann sich der Einsatz im selben Prozess oder an anderer Stelle im Betrieb für Sie auszahlen. Unsere Checklisten unter Punkt vier und fünf helfen Ihnen bei der Prüfung. Doch an erster Stelle steht die attraktivste Maßnahme – ökologisch und ökonomisch gesehen – Abwärme vermeiden.

Abwärme vermeiden – die häufig ökonomisch und ökologisch attraktivste Maßnahme wird gerne unterschätzt und sollte zuerst überprüft werden.

Organisatorische Optimierung
Egal ob im Rahmen einer Neuanschaffung oder im Bestand – in den betrieblichen Abläufen gibt es oftmals Optimierungsbedarf:

  • Optimierung der Anlagenauslastung und bedarfsgerechte Fahrweise
  • Verringerung von Leerlaufzeiten sowie unnötigen Aufheiz- und Abkühlphasen
  • regelmäßige und sorgfältige Wartung und Instandhaltung
  • bei Neuanschaffungen: richtige Dimensionierung, effiziente Komponenten und passende Technologie

So können beispielsweise intelligente Steuerungstechniken und die Schulung von Mitarbeiter/-innen einen bedarfsgerechteren und effizienteren Betrieb von Anlagen fördern. Die Prozesstechnologien sollten optimal ausgewählt werden, denn sie haben einen bedeutenden Einfluss auf den Energieverbrauch eines Prozesses. Beispielsweise kann einem energieintensiven thermischen Trocknungsprozess ein energieeffizienteres mechanisches Verfahren vorgeschaltet werden.

Optimierung bestehender Produktionsprozesse
Die Prozesse der Produktion können ebenfalls optimiert werden. Es bieten sich folgende Möglichkeiten an:

  • Wärmedämmung von Anlagen und Leitungen
  • Optimierung der Prozessparameter (z. B. Temperatur und Prozesszeiten)
  • Betrachtung von Prozessen auf Komponentenebene (z. B. Ausschalten nicht benötigter Komponenten)
  • Minderung von Wärmekapazitäten bei Hochtemperaturprozessen (z. B. Abstandshalter, Halterungen)

Sind alle Parameter der Anlage oder des Prozesses richtig eingestellt?
Gerade bei thermischen Prozessen, z. B. bei Härte- oder Trocknungsprozessen, beruhen die Einstellungen der Temperatur und Prozessdauer häufig auf Erfahrungswerten. Eine Computersimulation des Prozesses hilft dabei, die idealen Prozessparameter zu ermitteln – vor allem die optimale Ofentemperatur und Verweildauer des Produkts im Ofen. Dadurch kann die Prozesstemperatur oder die Prozessdauer verringert werden. Neben der Energieeinsparung bringt die Verkürzung der Prozessdauer weitere Vorteile mit sich, etwa eine Steigerung der Produktivität oder eine Vermeidung von Investitionen in zusätzliche Anlagen.

Werden wirklich alle (Teil-)Prozesse benötigt?
Nicht selten werden Teilprozesse komplexer Anlagen im vorliegenden Produktionsbetrieb nicht benötigt. In einem dauerhaften Standby-Betrieb verbrauchen sie dennoch Energie und produzieren dabei Abwärme. Ein Beispiel sind verbaute Kühlelemente für Spezialanwendungen, die in der derzeitigen Anwendung einer Produktionsanlage nicht benötigt werden und dennoch konstant in Betrieb sind. Es kommt zudem vor, dass Anlagen rund um die Uhr betrieben werden, die kaum oder gar nicht mehr benötigt werden. Prüfen Sie also, ob wirklich alle (Teil-)Prozesse benötigt werden.

Überflüssige Luftströme vermeiden
Bei Feuerungsprozessen kann in Spezialfällen die Zuluft auf das stöchiometrische Verhältnis des Verbrennungsprozesses hin optimiert werden. So müssen weniger überflüssige Luftströme für den Prozess aufgeheizt werden.

Wenn unvermeidbare Abwärme anfällt, kann die Wärme ggf.  in denselben Prozess zurückgeführt werden. Die Vorteile der sogenannten Wärmerückgewinnung liegen auf der Hand: Energieeinsparung im Prozess, ein höherer Prozesswirkungsgrad, geringe Transportwege der Abwärme, zeitlich günstige Übereinstimmung des Wärmeangebots und -bedarfs und häufig ein geringer baulicher Mehraufwand. Bei einer Neubeschaffung von Maschinen und Anlagen eignen sich insbesondere Modelle mit einer integrierten Wärmerückgewinnung. Die Mehrinvestition amortisiert sich häufig schnell über Energieeinsparungen.

Anwendungsbereiche der Wärmerückgewinnung
Die Wärmerückgewinnung wird im Allgemeinen zur Vorwärmung von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen angewandt. Ein weiterer Bereich ist die (Vor-)Trocknung von Brennstoffen und sonstigen Ausgangsstoffen, um im Hauptprozess weniger Energie für das Verdampfen des enthaltenen Wassers aufbringen zu müssen.
Besonders effektiv lässt sich Energie bei Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung im Gebäudesektor und bei Feuerungsprozessen einsparen. Bei der Feuerung wird dabei die Abwärme des Rauchgases zur Vorwärmung der Verbrennungsluft verwendet. Dafür kommen Rekuperator- und Regeneratorbrenner zum Einsatz, die die Vorwärmung und den Brenner in einem kompakten Bauteil vereinen.

Für die innerbetriebliche Abwärmenutzung müssen die Kenngrößen (Temperatur, Leistungsbedarf etc.) der Abwärmequellen und -senken aus einer Energieanalyse herangezogen und insbesondere das Wärmeangebot und die -nachfrage miteinander abgeglichen werden, siehe:

Energie-Atlas Bayern:
Checkliste Bestandsaufnahme im Betrieb

Der Abwärmerechner hilft Ihnen bei einer ersten Abschätzung des Potenzials.

Typische Abwärmesenken beziehungsweise Arten der Nutzung sind etwa wärmeverbrauchende Prozesse, Anlagen zur Raumheizung und Warmwasserzeugung, aber auch Anlagen zur Kälteerzeugung oder Stromerzeugung. Auch die Abwärmesenke kann unter Umständen wiederum relevante Mengen an Abwärme erzeugen, die dann in einem weiteren Schritt genutzt werden können.

Eine Wärmepumpe hebt das Temperaturniveau der Abwärmequelle an, wenn es zu gering ist. Bei einer geringen zeitlichen Übereinstimmung von Abwärmeangebot und Wärmebedarf kann ein Wärmespeicher Abhilfe leisten.

Pinch-Analyse
Bei mehreren Abwärmequellen und -senken verfahrenstechnischer Prozesse im Betrieb helfen Planungsmethoden wie die Pinch-Analyse, energetisch optimale Nutzungsstrukturen zu schaffen. Die Pinch-Analyse stellt das vorhandene Wärmeangebot und den Wärmebedarf aller Prozesse gegenüber und leitet die thermisch optimale Verknüpfung der Quellen und Senken ab. Zudem bildet die Pinch-Analyse die Grundlage zur Auslegung eines Netzwerks aus Wärmeübertragern. Diese systematische Vorgehensweise minimiert die extern zuzuführende Wärme.

Abwärme, die innerbetrieblich nicht mehr verwendet werden kann, wird entweder in die Atmosphäre abgeleitet oder verursacht sogar Kosten zur Entsorgung. Auch wenn zur außerbetrieblichen Nutzung Investitionen zu tätigen sind, so stehen den Ausgaben auch Einnahmen gegenüber, die das Vorhaben wirtschaftlich machen können. Nutzen Sie doch die Abwärmeinformationsbörse , um Ihre Abwärmepotenziale anzubieten und die Nachfrage abzuschätzen. Bei der außerbetrieblichen Abwärmenutzung können auch kommunale Entscheidungsträger einen großen Einfluss nehmen. Weitere Informationen zur außerbetrieblichen Abwärmenutzung können Sie nachfolgendem Dokument entnehmen:

Energie-Atlas Bayern:
Checkliste Außerbetriebliche Nutzung von Abwärme

Energiewende braucht Wärmewende – deswegen ist der Ausbau von erneuerbaren Energien im Wärmesektor besonders wichtig. Biomasse oder Solarthermie können beispielsweise zur Erzeugung von Prozesswärme, Heizwärme oder Warmwasser herangezogen werden. Einen ersten Überblick über die regionalen Potenziale in Bayern gibt das Mischpult "Energiemix Bayern vor Ort“

Agentur für Erneuerbare Energien:
Prozesswärme aus Bioenergie