Klimaanpassungsstrategie des Landkreises Bayreuth

Wir haben mit wissenschafltichen Methoden eine Strategie zur Anpassung des Landkreises Bayreuth an die Folgen der Klimakrise erstellt. Konkrete Maßnahmenvorschläge waren dabei wichtig.
Projektträger: Landkreis Bayreuth

Beschreibung

Auslöser

Die vorliegenden alarmierende Fakten über die Klimaentwicklung und die Auswirkungen der Klimakrise haben den Landkreis Bayreuth dazu gebracht, eine entsprechende Anpassungsstrategie zu entwickeln. Wir wollten uns rechtzeitig ein konkretes Bild verschaffen, was auf die Region Bayreuth zukommen wird. Ziel war es, entsprechende Klimaanpassungsmaßnahmen in die Wege zu leiten.

Durchführung

In der Klimaanpassungsstrategie des Landkreises Bayreuth (2021/22) wurden auf der Basis regionalisierter Klimaprognosen die am stärksten betroffenen Handlungsfelder ermittelt und ein Paket mit Gegenmaßnahmen erarbeitet. Ein Kommunikations- und ein Controllingkonzept sollen die Umsetzung erleichtern.

Das Klimaanpassungskonzept des Landkreises Bayreuth befasst sich mit den Auswirkungen des projizierten Klimawandels auf den Landkreis bis zum Ende des 21. Jahrhunderts und gibt Antworten, wie den daraus entstehenden Herausforderungen vorausschauend strategisch zu begegnen ist.

Wesentliche Projektziele waren:
– die Bestandsaufnahme der beobachteten und projizierten Klimaveränderung,
– die Identifikation und Priorisierung konkreter Betroffenheiten durch Klimafolgen,
– die Ableitung einer Gesamtstrategie für die Klimafolgenanpassung,
– die Etablierung einer Akteursbeteiligung,
– die Erstellung eines abgestimmten Maßnahmenkataloges,
– der Entwurf einer Verstetigungs- und Controlling-Strategie sowie,
– ein Konzept für die Öffentlichkeitsarbeit.

Für die Analyse der Klimaentwicklung in den drei Naturräumen der Region Bayreuth haben wir uns auf die Klimadaten des Deutschen Wetterdienstes und des Landesamtes für Umwelt gestützt. Letztlich standen Klimamess- und -modelldaten zur Verfügung, die eine Betrachtung der folgenden Zeiträume ermöglichte:
– Vergangenheit (1951-1980),
– Referenzzeitraum (1971-2000),
– Gegenwart (2011-2040),
– Nahe Zukunft (2036-2065),
– Ferne Zukunft (2071-2100).

Im Ergebnis der Auswertung wird für den Landkreis Bayreuth naturraumübergreifend mit einem Anstieg der Jahresmitteltemperatur bis Ende des Jahrhunderts gerechnet, was sowohl aus einer Erhöhung der Winter- wie auch Sommertemperaturen resultiert. Gleichzeitig kommt es zu einer Zunahme der Sommer- und Hitzetage. Die Jahresniederschlagssumme wird etwa gleichbleiben, wobei für das Winterhalbjahr eine leichte Zunahme projiziert wird. Für Starkregenereignisse wird mit einer leichten bis starken Zunahme der Häufigkeit und Intensität gerechnet. Die Klimatische Wasserbilanz wird im Winterhalbjahr leicht zunehmen, im Sommerhalbjahr leicht bis stark abnehmen. Letzteres begründet sich vor allem durch die höheren sommerlichen Temperaturen und einer damit stärkeren Verdunstung. Für die Entwicklung der mittleren Windgeschwindigkeit gibt es derzeit keine belastbaren Trends.

In folgenden kommunalen Handlungsfeldern ist allgemein mit weitreichenden Auswirkungen durch den Klimawandel zu rechnen:

Im Handlungsfeld Menschliche Gesundheit wird es vor allem zu einer Zunahme der sommerlichen Hitzebelastung kommen. Zudem wird der demographische Wandel hier zu einer Verschärfung des Problems führen.

Für die Landwirtschaft zeigen sich Risiken durch die Wasserknappheit auf Landwirtschaftsflächen und den Bodenabtrag infolge zunehmender erosiver Starkniederschläge. Gleichzeitig besteht eine Chance in Bezug auf Ertragssteigerungen und den Anbau neuer Sorten.

Für die Forstwirtschaft sind eine Verschärfung der Waldbrandgefahr, eine abnehmende Wasserversorgung, aber auch Gefahren durch Extremereignisse wie z. B. Stürme zu befürchten. Eine Verlängerung der forstlichen Vegetationsperiode kann bei gleichzeitigem Waldumbau zusätzliche Holzerträge bedeuten. Für die Wasser- und Abwasserwirtschaft stellen zunehmende lokale Überschwemmungen infolge von Starkregen sowie sommerliches Niedrigwasser in den Gewässern die größten Herausforderungen dar.

Die Auswirkungen von veränderten Temperaturen und Niederschlägen im Handlungsfeld Biologische Vielfalt sind je nach Artengruppe unterschiedlich und reichen von tendenziell positiv (z. B. Heuschrecken, Libellen) bis zu überwiegend negativ (z. B. Moose und Flechten). Risiken bestehen durch die Zuwanderung potenziell invasiver Arten.

Das Handlungsfeld Verkehrswesen profitiert langfristig vom Klimawandel durch den Rückgang der Straßenschäden durch Frost-TauWechsel und Verkehrsbehinderungen durch Schneefall. Andererseits sorgen hohe sommerliche Temperaturen für zunehmende Hitzeschäden am Bahn- und Straßennetz. Für Industrie und Gewerbe werden Extremereignisse negative Einflüsse auf die Warenproduktion und -zulieferung haben.
Sommerliche Wasserknappheit wird zunehmend zum Problem für die Versorgung mit Kühl- und Brauchwasser.

Der Tourismus kann beim Kultur-/Wandertourismus künftig von der verlängerten Tourismussaison infolge milderer Temperaturen profitieren und für eine zusätzliche kommunale Wertschöpfung sorgen. Der schneegebundene Tourismus wird jedoch künftig seltener und nur noch in höheren Lagen möglich sein.

Das Bauwesen wird künftig mehr mit Witterungsextremen wie Hitzeperioden oder Stürmen und Starkregen konfrontiert. Erstes führt häufiger zu bioklimatischen Belastungen in Gebäuden, zweites zu vermehrten Gebäudeschäden.

Sommerliche Hitzeextreme werden zu einem Anstieg des Kühlenergiebedarfs im Handlungsfeld Energiewirtschaft führen. Andererseits wird der Heizenergiebedarf flächendeckend abnehmen.

Infrastrukturen werden künftig stärker durch Extremereignisse (Stürme, Starkregen) betroffen sein.

Für das Querschnittsthema Katastrophenschutz werden lokale Überschwemmungen durch Starkregen und Flusshochwasser sowie Wald- und Flächenbrände weiterhin eine Rolle spielen. Evtl. führt der demographische Wandel hier auch zu Engpässen bei der Mitgliedergewinnung und damit einer herabgesetzten Einsatzfähigkeit.

Ausgehend von den Erkenntnissen der Klimawirkungsanalyse wurden die Anpassungserfordernisse in den Schwerpunktthemen und Kommunen erarbeitet. Durch Experteninterviews mit lokalen Akteuren konnten die Anpassungskapazitäten in den Schwerpunktthemen herausgearbeitet werden. Diese sind vor allem bei den Themen Trockenstress auf Waldflächen und Erosive Sturzfluten auf Ackerflächen als hoch einzustufen.
Mit diesen Informationen wurden schließlich die künftigen Vulnerabilitäten in den Schwerpunktthemen abgeschätzt. Hier ist es an erster Stelle die Hitzebelastung für die Bevölkerung, die künftig eine hohe Vulnerabilität erwarten lässt, auch bei Aktivierung der Anpassungskapazitäten, also der Umsetzung entsprechender Anpassungsmaßnahmen.

Im Rahmen der Strategieerarbeitung wurde viel Wert auf die Einbindung der regionalen Akteure gelegt und fünf Akteurs-Workshops sowie zwei Bürgerveranstaltungen pandemiebedingt per Videokonferenz durchgeführt. Darüber hinaus wurden wesentliche Ergebnisse durch 12 Online-Experteninterviews, Absprachen per Telefon, Videokonferenz und E-Mail mit den Akteuren abgestimmt.

Im weiteren Verlauf wurden zehn Schlüsselmaßnahmen – sowie siebzehn weitere Maßnahmenskizzen – zur Klimafolgenanpassung mit den Akteuren aus der Region erarbeitet und abgestimmt sowie hinsichtlich ihrer Dringlichkeit zur Umsetzung priorisiert. Gleichzeitig wurde bei der Auswahl der Maßnahmen auf die Minimierung von Konflikten zu anderen Themen wie z. B. dem Klimaschutz geachtet.

Darüber hinaus wurden die zu erwartenden positiven Effekte durch die Umsetzung des Anpassungskonzepts in der Region dargestellt. Innerhalb des Controlling-Konzeptes wurden für den Landkreis Bayreuth geeignete Indikatoren zum Monitoring vorgeschlagen. Diese werden für das Controlling der weiteren klimatischen Entwicklung sowie zur Erfolgsüberprüfung umgesetzter Klimaanpassungsmaßnahmen genutzt.

Zitate

  • "Wenn wir uns als Landkreis nun mit der Anpassung an die Erderwärmung auseinandersetzen, bedeutet dies nicht das Ende unserer Klimaschutzanstrengungen. Im Gegenteil: Nur wenn wir weiter engagiert Klimaschutz betreiben, können wir das Schlimmste noch verhindern." Florian Wiedemann, Landrat des Landkreises Bayreuth

Tipps

  • Das Konzept sollte inhaltlich den Regelungen der Bundesförderung entsprechen.
  • Regionalisierte Klimaprognosen sind inzwischen auf Landkreisebene über das LfU Bayern abrufbar.

Beispiel gemeldet: 03/2022